Anmerkungen zum Problem der Abstraktion

نویسنده

  • Barbara Grüter
چکیده

Die gegenwärtigen Herausforderungen der Gestaltung der MenschComputer-Interaktion sind mit den alten Modellen der Mensch-ComputerInteraktion nicht zu bewältigen. Der Bedarf nach Modellen begreifbarer, mobiler, pervasiver, ubiquitärer Interaktion für augmentierte oder gemischte Welten wächst. In diesem Positionspapier mache ich aus der Sicht der Tätigkeitstheorie Anmerkungen zum Problem der Abstraktion, das in bisherigen Konzepten der tangible Interfaces als ungelöst gilt. Mit Bezug auf Konzepte der Embodied Interaction und des Enactive Interfaces nenne ich notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingungen der Lösung. Tangible user interfaces und das Problem der Abstraktion Tangible User Interfaces (TUIs) “give physical form to digital information, employing physical artefacts both as representations and controls for computational media” (Ullmer and Ishii 2000). TUIs ermöglichen die Berührung, interaktive Erfahrung von wesentlichen Eigenschaften digitaler Systeme und unterstützen auf diesem Wege das Begreifen. Als Merkmale gelten: (1) die isomorphe Beziehung zwischen physikalischer Form und digitalem System; (2) unter Berücksichtigung räumlicher, konstruktiver, logischer und assoziativer Beziehungen physikalischer Objekte; (3) die Nutzung von Konzepten der Affordances [Gi77] des physikalischen Raums und der physikalischen Syntax, vgl. [Zi08]; (4) die Kopplung von Wahrnehmung, und Handeln. – Als Schwäche der TUIs gilt das, was eine Stärke der GUIs ist. TUI eröffnen nur begrenzte Möglichkeiten des Umgangs mit Abstraktion. Sie sind nicht skalierbar. Sie sind nicht plastisch und nicht flexibel [Zi08]. GUIs sind dies und Zigelbaum sucht nach Möglichkeiten der Verbindung, die eine kontinuerliche, “nahtlose” Interaktion im alltäglichen Leben unterstützen. Bei dem Wunsch nach nahtloser Interaktion habe ich allerdings meine Zweifel. “Seams” and “seamfull” Design machen Sinn bei mobilen, pervasiven und ubiquitären Spielen und ich vermute hier nur, dass das bei Übergängen zwischen Ebenen der Abstraktkion und Konkretion ebenfalls Sinn machen kann. Dennoch ist die Frage nach der Verbindung von Physikalität und Abstraktion aufzuwerfen. Ein Blick auf die gegenwärtige Diskussion in der HCI und auf Konzepte der embodied interaction und der enactive Interfaces eröffnet eine Lösungsrichtung, wenn auch noch keine Antwort. Embodied Interaction und die Einheit von Körper und Geist Die gegenwärtige Diskussion in der HCI lässt sich zunehmend deutlich durch zwei polare Konzepte kennzeichnen, das representationale und das interaktionale Konzept. Das repräsentationale Konzept setzt die Trennung von Physikalität und Abstraktion voraus, die Trennung von Körper und Geist. Es stellt die Perspektive des digitalen Systems dar bzw. die Perspektive des Informatikers, der ein System entwirft und implementiert. Diese Perspektive kennzeichnet den Mainstream der Informatik seit Jahrzehnten. Das interaktionale Konzept formuliert die Verbindung von Abstraktion und Physikalität. Es orientiert auf die Verkörperung der Abstraktion. Diese Perspektive existiert als Gegenströmung in der Philosophie und hat in den letzten Jahren in der Informatik deutlich an Einfluss gewonnen. Beide Konzepte finden sich zum Beispiel in der Diskussion um Kontext und Context-aware Systems [Do04], der Debatte um Emotion und affective Computing [Hö08] sowie in der Auseinandersetzung um Methoden der Evaluation [Ma00]. – Auf dem Hintergrund dieser Debatte werden Tangible Interfaces als der Versuch wahrnehmbar, die Trennung von Abstraktion und Physikalität durch Herstellung/Vorgabe isomorpher Beziehungen aufzuheben. Übersehen wird dabei jedoch die Rolle des Subjekts der Abstraktion, der für das Subjekt relevante Ansatz der Abstraktion und der für das Subjekt spezifische Prozess der Abstraktion und Konkretion. – Hier wird nun der Vorschlag gemacht, die Lösung in der Verbindung der gegensätzlichen Positionen der Debatte zu suchen. Wenn das repräsentationale Konzept die Perspektive des Systems vorstellt, dann lässt sich die Perspektive des interaktionalen Kontexts durch die Rahmenbedingungen (und deren direkte Interaktion) kennzeichnen, die beim Gebrauch des Systems benötigt werden: die Akteure, die Geräte und die objektiven Bedingungen des Gebrauchs. Dies sind Bedingungen der Tätigkeit(stheorie). Konzeptionell wird damit die Orientierung auf Tätigkeitszyklen unterstützt, in denen die Abstraktion und die Aufhebung der Abstraktion durch Konkretion von den Akteuren selbst vorgenommen wird. „Embodied Interaction“ und das „Enactive Interface“ unterstützen eine solche Lösungsrichtung. Literaturverzeichnis [Do04] Dourish, P. (2004). What We Talk About When We Talk About Context. Personal and Ubiquitous Computing, 8 (1). 19-30 [Gi77] Gibson, J. J. (1977), The Theory of Affordances. In Perceiving, Acting, and Knowing, Eds. Robert Shaw and John Bransford [Hö08] Höök, K., Ståhl, A., Sundström, P., Laaksolahti, J., Höök, K., Ståhl, A., Sundström, P., & Laaksolahti, J. (2008). Interactional empowerment. Proceedings of the ACM SIGCHI Conference on Human Factors in Computing Systems. ACM Press. [Ma00] Marsland N., Wilson I.M., Abeyasekera S., Kleih U. A methodological Framework for Combining Quantitative and Qualitative Survey Methods. Natural Resources Institute, University of Greenwich, Statistical Services Centre Whiteknights, UK: The University of Reading 2000. www.reading.ac.uk/ssc/publications/guides/qqa.pdf [UI00] Ullmer, B., Ishii, H.: Emerging frameworks for tangible user interfaces. IBM Systems Journal 39 (2000), S. 915–931 [Zi08] Zigelbaum, J., Kumpf, A., Vazquez, A., and Ishii, H. Slurp: Tangibility, Spatiality, and an Eyedropper. In Ext. Abstracts, alt.chi CHI ‘08, ACM Press (2008)

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تاریخ انتشار 2008